Gay Guide Tunisia

Laut Artikel 230 ist Homosexualität in Tunesien illegal und kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. Verglichen mit anderen muslimischen Ländern kommt es seltener zu Verurteilungen Homosexueller, die Zahlen der letzten Jahre sind dennoch alarmierend: waren es im Jahr 2016 noch 56 Verurteilungen, wurden 2018 126 Verurteilungen ausgesprochen. Anfang 2019 sorgte ein Fall international für Aufsehen: Ein junger Student, der eine Vergewaltigung durch zwei Männer anzeigte, die ihn obendrein ausgeraubt haben sollen, wurde schließlich selbst wegen homosexueller Handlungen zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Auch Touristen sind vor dem Gesetz nicht sicher, daher gilt Vorsicht, besonders bei der käuflichen Liebe: Es könnten unschöne Erpressungsversuche folgen. Der tunesische Minister für Menschenrechte wies 2012 in einem TV-Interview die Forderung für die Abschaffung des Artikel 230 zurück - mit der Begründung, dass Meinungsfreiheit ihre Grenzen hätte und "perverse" Homosexuelle medizinischer Behandlung bedürften. Homosexuelle sind in dem Land großer Diskriminierung und physischer Gewalt ausgesetzt. Doch es gibt Fortschritte: 2015 wurde mit „Association Shams“ die erste offizielle LGBT-Organisation des Landes gegründet, die sich unter anderem für die Legalisierung homosexueller Handlungen einsetzt. In der Hauptstadt Tunis findet seit 2018 jährlich das „Mawjoudi Queer Film Festival“ statt. Und im Juni 2018 forderte eine Kommission, die Präsident Béji Caïd Essebsi persönlich eingesetzt hatte, eine gesellschaftliche Reform – einschließlich der Entkriminalisierung homosexueller Handlungen. Tausende gingen jedoch auf die Straße, um dagegen zu demonstrieren. Es gibt in jeder größeren Stadt spezielle Treffpunkte, in denen Homosexuelle sich relativ sicher fühlen können, eine offene LGBT-Szene sucht man jedoch vergebens.